„Einfach komplex! Ein multimodaler und interdisziplinärer Ansatz zur Untersuchung von sprachlicher Komplexität in der Leichten Sprache“
Leichte Sprache ist in Deutschland aus der Praxis heraus entstanden. 2009 erschienen zwei Regelwerke: Die von Inclusion Europe erstellten „Europäischen Regeln, wie man Informationen leicht lesbar und leicht verständlich macht“ sowie „Die Regeln für Leichte Sprache“ des Netzwerks Leichte Sprache. Letztere dienten als Grundlage für einen 2013 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Ratgeber, der zur erhöhten Sichtbarkeit von Regeln zur Leichten Sprache beitrug. Diese allerersten Regelwerke beruhen jedoch lediglich „auf erfahrungsnahen Intuitionen“ (Bredel & Maaß 2016a: 67) und sind in vielerlei Hinsicht vage formuliert; ihnen kommt aber das Verdienst zu, im deutschsprachigen Raum Pionierarbeit geleistet zu haben. Mit der Gründung der Forschungsstelle Leichte Sprache an der Universität Hildesheim im Jahr 2014 sowie mit der Publikation von „Leichte Sprache. Das Regelbuch“ (Maaß 2015) erfährt Leichte Sprache in Deutschland erstmals eine (sprach-)wissenschaftliche Fundierung. Nach aktuellem Forschungsstand ist Leichte Sprache eine „monomedial schriftliche, nähesprachlich geprägte, regulierte Reduktionsvarietät des Deutschen mit asymmetrischen Gebrauchs- und asymmetrischen Erwerbsbedingungen“ (Bredel / Maaß 2016a: 58f.).
Im Hinblick auf die theoretische Modellierung von Leichter Sprache ist ein beachtlicher Fortschritt zu verzeichnen, der sich u.a. in der Publikation des Handbuchs „Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis“ (Bredel / Maaß 2016a) sowie des eher praktisch orientierten „Ratgeber[s] Leichte Sprache. Die wichtigsten Regeln und Empfehlungen für die Praxis“ (Bredel / Maaß 2016b) niederschlägt.
Die in der Zwischenzeit sprachwissenschaftlich fundierten Leichte-Sprache-Regeln entbehren größtenteils noch einer empirischen Überprüfung. „Die empirische Erforschung steht im deutschsprachigen Raum noch ganz am Anfang“, konstatieren Bock, Lange und Fix (2017: 19) und Christmann (2017) spricht zu Recht von „Empirische[n] Lücken in einem gut gemeinten Konzept“. Die empirische Rezeptionsforschung der Leichten Sprache beschränkt sich bislang ausschließlich auf die Wirkung des Mediopunktes.
Das Graduiertenkolleg „Einfach komplex! Ein multimodaler und interdisziplinärer Ansatz zur Untersuchung von sprachlicher Komplexität in der Leichten Sprache“ setzt an der bestehenden Forschungslücke an: Das übergeordnete Ziel besteht darin, die vorhandenen Leichte-Sprache-Regeln in Verbindung mit Erkenntnissen aus der linguistischen Komplexitätsforschung auf empirische Validität zu prüfen und evidenzbasiert weiterzuentwickeln. Dazu führen wir multimodale experimentelle Studien durch, die auch dazu dienen sollen, ein neurobiologisch plausibles Modell der Leichten Sprache zu bilden. Die einzelnen Promotionsprojekte unterscheiden sich in der Fokussierung ihrer jeweiligen Fragestellungen.
Schematischer Arbeitsplan